Im Showroom, Münchens kleinstem Sterne-Restaurant, tischt Küchenchef Dominik Käppeler erlesene Überraschungsmenüs auf. Eine Karte gibt es nicht, der Gast wird nur gefragt, was er gar nicht mag. Christoph hat es sich für uns schmecken lassen. Sein Vorabkommentar: »Es war großartig, köstlich, ganz hervorragend – einfach ein wunderschöner Abend!«
von Christoph Busch
Das kleinste Sterne-Restaurant Münchens, der Showroom findet sich in der Lilienstraße in der Nähe des Isartors. Kenner wissen, es handelt sich um das ehemalige Lokal des bekannten Fernsehkochs Andi Schweiger. Dessen damaliger Küchenchef Dominik Käppeler führt das Restaurant seit einigen Jahren und hat seinen Michelin-Stern dabei durchgehend gehalten.
Ich war sehr gespannt auf den Abend, da ich das Restaurant noch von Besuchen 2015 und 2016 in sehr guter Erinnerung hatte. Diese beiden Abende waren damals meine ersten in der Sternegastronomie und ich war so begeistert von dieser neuen kulinarischen Welt, dass ich seitdem in mehreren besternten Restaurants zu Gast war – bis hin zum Dreisterner Maaemo in Oslo. Ich ging also – im Gegensatz zu meinen ersten Besuchen – mit Erfahrung und einer hohen Erwartungshaltung in den Abend. Vorab: Diese Erwartungen wurden noch deutlich übertroffen!
Sterneessen in Zeiten von Corona
Aufgrund der aktuellen Situation gelten natürlich auch im Showroom klare Verhaltensregeln; so ist zum Beispiel das Tragen von Masken Pflicht, sobald man sich vom Tisch wegbewegt. Das Team hat die Maßnahmen sehr gut umgesetzt, sodass man sich trotz Corona-Pandemie fallen lassen und den Abend in vollen Zügen genießen kann.
Die Begrüßung durch das Team um Gastgeber David ist mehr als herzlich und man fühlt sich vom ersten Moment an willkommen. Wichtig zu wissen: Jeder Gast wird im Showroom automatisch geduzt – das ist sicherlich Geschmackssache. Mir persönlich hat es nichts gemacht, vielmehr fand ich es in dem eh lockeren und ungezwungenen Ambiente (auf der Homepage ist, sehr zutreffend, von einer »gehobenen Wohlfühlatmosphäre« die Rede) unter etwa Gleichaltrigen passend, wobei ich auch mitbekommen habe, dass nicht alle Gäste komplett glücklich mit dieser Art der Kontaktaufnahme waren.
Überraschende Köstlichkeiten im Showroom
Auch Küchenchef Dominik stellt sich jedem Gast kurz vor und überbringt – im Reagenzglas(!) – auch das erste Amuse des Abends, bestehend aus Panko, Limette, Olive, Rosmarin und Birne. Die Zutaten sind getrocknet und zu einer Art groben Pulver verarbeitet, das unheimlich intensiv, würzig-fruchtig und köstlich schmeckt. Die chrunchige Textur ist sehr angenehm im Mund. Dominik erklärt am Tisch das Konzept des Restaurants: Es gibt keine Menü- oder Speisekarte, man wird nur gefragt, was man absolut nicht essen will, und entscheidet sich zwischen fünf, sechs oder sieben Gängen (in Nicht-Corona-Zeiten sind sogar bis zu acht Gänge möglich).
»Wir lieben das Element der Überraschung«, heißt es auf der Homepage des Restaurants – das wird also definitiv ausgelebt. Wir entschieden uns für das 7-Gänge-Menü mit Weinbegleitung. Da meine Freundin keinen Fisch isst, musste an einigen Stellen eine Alternative gefunden werden, die in jedem Fall perfekt eingebaut war. Chapeau!
Amuse: Appetithäppchen steigern die Vorfreude
Relativ zügig folgte dann das zweite Amuse, eine Zusammenstellung aus Hüttenkäse (bröselige Textur), Fenchel, Orange und Chorizo. Gerade die Kombination aus Fenchel und Orange ist keine unbekannte, die Erweiterung um den milchig-herben Käse und die scharf-würzige Wurst war äußerst stimmig und machte Lust auf mehr. Beeindruckend herausgearbeitet wurde die leicht bittere Komponente der Zitrusfrucht, die auf ganz wundervolle Art eine Brücke zu Käse und Wurst schlug.
Das dritte und letzte Amuse bestand aus Sous-vide gegarter Poularde, Pumpernickel-Crunch und Erbensuppe mit etwas Minze. Auch hier ist die Grundlage des Gerichts eine bekannte Kombination, die kreativ und spannend erweitert wurde. Die weiche, sehr schmackhafte Poularde und der fast nussig schmeckende Pumpernickel harmonierten wundervoll mit der handwerklich perfekt umgesetzten Suppe. Einfach traumhaft.
Anstelle von Butter bekommt man im Showroom übrigens eine aufgeschäumte Mischung aus Buttercreme und Gemüsefond – ein köstliche Umami-Bombe, von der man nicht genug bekommen kann – auch an solchen Details zeigt sich Sterneglanz!
Showroom: 7-Gänge mit Weinbegleitung
Gespannt warteten wir auf den ersten »richtigen« Gang, der aus einem Kalbstartar mit Eigelbcreme, Kerbel, verschiedenen Texturen vom Lauch und kleinen Blättchen von der Vanille bestand. Unabhängig davon, dass der Gang – wie alle anderen auch – wunderschön angerichtet war, schmeckte das Präsentierte auch köstlich. Ich liebe Tartar in allen Varianten aber dieses war besonders. Selbstverständlich handgeschnitten und relativ dezent abgeschmeckt harmonierte das hochwertige Kalbfleisch klasse mit den cremigen (Ei), kräutrigen (Kerbel) und zwiebeligen (Lauch) Komponenten. So weit, so klassisch, könnte man meinen, die Vanille brachte aber eine geniale und stimmige Erweiterung in das Gericht – ein Prinzip, das auch schon an den Grüßen aus der Küche zu erkennen war.
Eine Komposition aus Paprika, Himbeere, Garnele und Passionsfrucht folgte im Anschluss. Die kalte Paprikasuppe wurde separat zu den sonstigen Komponenten serviert und nicht etwa aufgegossen – ein guter, absolut stimmiger Gang.
Im Showroom ist in mittlerweile jedem Menü ein vegetarischer Gang gesetzt – berücksichtigt man etwa, dass es in München mit dem Tian sogar ein komplett vegetarisches Sternerestaurant gibt, ist es vonseiten des Showroom absolut nachvollziehbar, den gesellschaftlichen Trend ein wenig mitzugehen. Eben dieser vegetarische Gang, bestehend aus Sellerie, Sardelle (streng vegetarisch war der Gang also nicht, man konnte ihn aber auch ohne Sardelle ordern), Rucola und Schnittlauch stand nun an. Besonders das Spiel mit Würze, Salzigkeit und Säure (Schnittlauchdressing) imponierte hier, es fehlte an nichts.
Menüfolge: Ein Highlight jagt das nächste
Als absolutes Highlight folgte der perfekt gegarte Wildfang-Saibling mit Kohlrabi, Zitrone und Joghurt. Die Produktqualität des Fisches war immens, er schmeckte wahnsinnig intensiv und war selbstredend perfekt gegart. Der Schaum und die beiden unterschiedlichen Säuren gaben dem Gericht eine herrliche Leichtigkeit, sodass man hier absolut von einem hervorragenden Frühsommer-Gang sprechen kann. Auch der dazu gereichte 2018er Chardonnay vom Weingut Jordan war bemerkenswert gut abgestimmt.
Ein weiteres Highlight war der Hauptgang, bestehend aus einem wunderbaren Stück Wagyu (bezogen aus meiner Nachbarschaft im Westen von München, typisch für den Showroom), Pfifferlingen, Sucuk und Wassermelone. Dass das Stück Fleisch zart und perfekt gegart war, muss ich wohl nicht erwähnen, bemerkenswert waren in diesem Gang für mich persönlich – neben der geschmacklichen Komposition – die Texturen. Die Sucuk-Stücke haben einen wundervollen, leichten Crunch ins Gericht gebracht, hinzu kam das Püree von den Pfifferlingen, die zusätzlich auch noch in ganzer Pracht auf dem Teller vertreten waren. Die Wassermelonen-Elemente brachten eine angenehme Frische und Leichtigkeit in das Gericht, die geschmacklich gut ins Konzept passten. Auch die kräftige Wurst wurde sehr intelligent ins Geschmacksprofil eingearbeitet – potenziell hätte sie zu dominant werden können, stattdessen wurde sie wohldosiert eingearbeitet. Dies gab dem Gericht – neben den Pfifferlingen – einen weiteren würzig-erdigen Ton mit auf die Reise, was wiederum hervorragend mit dem charaktervollen Stück Fleisch harmonierte.
Kreative Desserts im Showroom
Es folgten der äußerst kreativ umgesetzte Käsegang (bestehend aus einem sehr alten Gouda, Walnüssen, Chili und Pfirsich – besonders die Schärfe wurde beeindruckend präzise eingesetzt) sowie ein großartiges Dessert. Ich muss dazu sagen, dass ich Desserts grundsätzlich gerne mag, sie aber selten zu den Gängen gehören, die mir wirklich im Gedächtnis bleiben.
Anders war es diesmal, denn die Komposition aus Gurke, Holunder, Basilikum (dargeboten als handwerklich perfekt umgesetztes Eis) und weißer Schokolade war einfach zum Niederknien fein und stimmig. Das kräutrig-individuell schmeckende Basilikum hat als Eis wundervoll funktioniert. Das »Pflanzige« im Eis wurde aromatisch mit der Gurke stimmig wieder aufgegriffen, welche wiederum eine aromatisch überraschend passende Brücke zur weißen Schokolade schlug. Gurke und weiße Schokolade schmecken beide eher dezent, sehr rund und auch zu einem gewissen Grad frisch (die Gurke natürlich noch deutlich mehr als die Schokolade), sodass alle Bestandteile wunderbar harmonierten. Die weiße Schokolade und das Basilikum haben zusammen ebenfalls gut funktioniert. Auch mit Temperaturen (kaltes Eis – normal temperierte andere Komponenten) und Texturen (weiche Cremes/weiches Eis – knackige Schokolade) wurden natürlich stimmige Gegenpole erzeugt – auf Dominik Käppelers Niveau wirkt das beinahe selbstverständlich, erfordert aber sicherlich viel Abstimmungsarbeit im Vorfeld.
Sterneküche hat ihren Preis
Zu jedem Gang gibt es eine sehr stimmig ausgewählte Weinbegleitung, teils mit spannenden Tropfen, die man nicht unbedingt schon einmal im Glas gehabt hat, so etwa einen intensiven, rotfruchtig schmeckenden Areni Noir aus Armenien zum Wagyu. Das kreative Menü wechselt im Zwei-Wochen-Rhythmus, Wiederholungen sind ausgeschlossen.
Für acht Gänge zahlt man 160 Euro (Weinbegleitung +96 Euro). Unser 7-Gänge-Menü kostete 150 Euro pro Person, zuzüglich 84 Euro für die Weinbegleitung. Das ist natürlich viel Geld, aber die Sterneküche hat ihren Preis, und wir fanden den Preis als angemessen für das Gebotene.
Nach meinen beiden ersten Besuchen im Showroom war ich fasziniert und das Fine Dining-Fieber in mir war schnell erweckt. Ich kann nur sagen, dass es im Restaurant seitdem nochmals eine – für meinen Geschmack – recht klare Steigerung gegeben hat und auch der zweite Stern in nicht allzu ferner Zukunft in Reichweite scheint. Es war ein sensationeller Abend – vielen Dank, lieber Dominik, lieber David und liebes Team vom Showroom!
Showroom
Lilienstr. 6, 81669 München
Tel. & Reservierung: +49 89 444 290 82
Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 18:00 – 01:00 Uhr
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